13.09 Tag vier, München. Der Hare Krishna Mönch

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Ich musste weiter. Heute regnete es wieder. Das Aufraffen fiel schwer. Irgendwo musste doch die Sonne scheinen. Auf der Wetterkarte zog seit einigen Tagen ein mächtiges Wolkenband von Norden nach Süden über Deutschland. Heute war es schon in München.

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Was tun bei schlechtem Wetter?

Ich setzte mich in eine völlig leere Lounge bar und dachte Kaffee trinkend darüber nach, wie es weitergehen könnte. Meine Reiselust war abhandengekommen. Es ging um folgendes Problem: Einmal in solch einen Gewitterregen zu geraten und ihn überstehen kann jeder. Aber trotz dieser „Gefahr“ noch einmal solch Ungemütlichkeit zu riskieren braucht Mut und lässt die psychische Stärke wachsen. Ich denke die Unerbittlichkeit des Regens vor zwei Tagen hatte mich einfach überrascht. Die Erfahrung, einfach keine Möglichkeit zu haben, dem Unwetter zu entkommen, dieses „Ausgeliefert sein“ hat mich so beeindruckt, dass ich die Möglichkeit weiterzugehen „vergessen“ hatte. Frei nach Paolo Coelho passierte mir so eine Nacht entweder noch zweimal oder nie wieder. Ich musste mich echt motivieren, sonst wäre aus dieser Reise nicht viel mehr als ein Kurzurlaub in München geworden.

Um dem Regen ein Schnippchen schlagen zu können, überlegte ich mir, wie ich in strömendem Regen in den Schlafsack hinein kommen könnte, ohne dass alles nass wird. Ich würde den Schlafsack so einpacken, dass er schon im wasserdichten Biwaksack steckt und ich ihn nur auspacken und hineinsteigen müsste. Dann würde ich alle Kleidungsstücke und empfindliche Geräte (Kamera etc.) in verschiedene Kunststofftüten verteilen. So könnte ich den Rucksack selbst bei Platzregen bedenkenlos öffnen.

Alleine Reisen

Das Komplizierte an meiner Reise ist das Alleinsein. Zu zweit gäbe es weniger Probleme. Es ist also nahezu ausschließlich eine Kopfsache. Und daran wäre ich fast schon in der ersten Nacht gescheitert. Fakt ist ja, ich werde vielleicht nass und es mag auch ungemütlich sein, doch erfrieren oder anderweitig sterben werde ich daran nicht. Allerdings vergisst man das leicht in so einer Nacht.

Ich stand auf und bezahlte meinen Kaffee. Dann kaufte ich im Karstadt einen dicken Edding und einen DIN A4 Schreibblock, um auf einsamen Straßen stehend den vorbeifahrenden Autobesitzern mein Wunschziel plakativ entgegenhalten zu können.

Das Energiebällchen

An einer Straßenecke sprach mich ein junger Mann an. Er bat mich, doch seine Energiebällchen zu probieren und drückte mir eine kleine zu geknotete Plastiktüte in die Hand. Darin waren vier oder fünf mit Mandelstückchen überzogenen Teigbällchen. Ich steckte sie ein und gab ihm die plötzlich verlangten 50 Cent. Er sei ein Hare Krishna Mönch erzählte er. Mir fiel ein, dass ich schon mal was von denen gehört hatte. Im Zusammenhang mit den Beatles glaube ich. „Richtig“, sagte er und wir kamen ins Gespräch. Ob er schonmal nach Indien gereist sei, fragte ich. Er verneinte, sagte aber, dass Pilgern für ihn sehr wichtig sei. Wir unterhielten uns noch über die spirituelle Erfahrung, die man beim Alleinreisen macht. Er stimmte mir bei jedem Satz zu und ich bekam das Gefühl, dass er noch nicht so viel gereist ist. Nach einigen Minuten verabschiedeten wir uns und ich fuhr zurück nach Fürstenried. Morgen geht es weiter. Ich hatte beschlossen zum Gardasee zu fahren. Dort sollte das Wetter besser sein.

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